Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere bei überraschender Kündigung bzw. Entlassung durch den Arbeitgeber, ist es wirtschaftlich nur zu verständlich, dass ehestmöglich eine neue Stelle gesucht und angenommen wird. Sollte sich in einem Rechtstreit herausstellen, dass die Entlassung bzw. Kündigung ungerechtfertigt war, so hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer so zu stellen, als wäre er auch während seiner gekündigten Zeit weiterbeschäftigt worden. Allerdings ist das nachzuzahlende Gehalt um anderweitig erworbene Bezüge zu verringern, da der Arbeitnehmer bei Nichtleistung seiner vereinbarten Dienste nicht besser gestellt sein soll als bei ihrer Erbringung. Mit anderen Worten soll der unrechtmäßig gekündigte Arbeitnehmer zwar so gestellt werden, als ob er nie gekündigt worden wäre, jedoch auch nicht besser, indem er gleichsam doppelt entschädigt wird.
Der Oberste Gerichtshof hatte sich (GZ 8 ObA 61/15a vom 15.12.2015) mit einem Sachverhalt auseinanderzusetzen, in dem ein in der Jugendwohlfahrt beschäftigter Diplomsozialarbeiter mit November 2009 gekündigt wurde (Arbeitgeberkündigung), er jedoch die Kündigung mit Entscheidung von April 2012 erfolgreich gerichtlich anfechten konnte, womit im Endeffekt das vermeintlich gekündigte Dienstverhältnis weiterhin aufrecht war. Während der langen Verfahrensdauer war der Diplomsozialarbeiter nach kurzer Arbeitslosigkeit die meiste Zeit in seiner angestammten Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber angestellt. Der ehemalige und wiederum aktuelle Arbeitgeber ersetzte die Differenz zum Arbeitslosengeld und zu dem zwischenzeitlich verdienten Gehalt. Da der zwischenzeitliche Arbeitsort vom Wohnsitz deutlich weiter entfernt war als der frühere Arbeitsplatz, forderte der zu Unrecht gekündigte Diplomsozialarbeiter jedoch auch den (Schaden)Ersatz der mit der um ca. 100km längeren Fahrtstrecke zusammenhängenden Kosten. Diese errechnete er mittels amtlichen Kilometergeldes unter Berücksichtigung der vom zwischenzeitlichen Arbeitgeber geleisteten Zuschüsse. Der frühere Arbeitgeber wendete dagegen ein, dass der Ersatz der Fahrtkosten kein fortzuzahlendes Entgelt (Gehaltsbestandteil) sei und selbst im Falle von Schadenersatz nur die geringeren Kosten für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu ersetzen wären.
Kilometergeld ist als Aufwand zu berücksichtigen
In seiner Entscheidung betonte der OGH, dass sich der gekündigte Arbeitnehmer auf das vertragsgemäße geschuldete Entgelt anderweitig erworbene Bezüge anrechnen lassen muss, da er bei Nichtleistung seiner Dienste nicht besser gestellt sein soll als bei der Erbringung der Dienste. Allerdings sind auch vom Dienstnehmer zusätzlich zu tragende Aufwendungen zu berücksichtigen, welche anfallen, um die (zwischenzeitliche) Erwerbsquelle nutzen zu können. Würden nämlich diese Aufwendungen nicht berücksichtigt, so würde seitens des Arbeitgebers zu viel angerechnet werden und es zu einer nicht intendierten Schlechterstellung des Dienstnehmers kommen. Im vorliegenden Fall hat daher der alte und neue Arbeitgeber bei der Anrechnung der zwischenzeitlich erzielten Einkünfte auch das Kilometergeld als Aufwand zu berücksichtigen, wodurch es im Endeffekt zu einem höheren Anspruch des Diplomsozialarbeiters kam. Für die Praxis ist daher aus Arbeitgeberperspektive ratsam, bei Kündigungen auf deren Rechtmäßigkeit zu achten, da es ansonsten – auch mitbedingt durch die lange Verfahrensdauer – zu unangenehmen Konsequenzen kommen kann.
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